Im Oktober spiele ich mit dem Gedanken, noch einmal in die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe nach Bosnien-Herzegowina zurückzukehren. Susanne ist nicht begeistert davon, sie findet es sei zu kurzfristig geplant. Ich beschäftige mich jedoch weiter mit dem Gedanken und der Planung und entscheide mich dann doch dafür.
Wichtig ist mir zu sagen, dass alle meine ehrenamtlichen Flüchtlingshilfe – Einsätze ohne die Unterstützung von Susanne nie stattgefunden hätten.
Und so spreche ich verschiedene ehemalige Kollegen und Kolleginnen an, die ich von früheren Einsätzen dort kenne, um die momentane Situation beurteilen zu können.
Es ist ja nicht so, dass es keine Geflüchteten mehr gibt, auch wenn viele Menschen in Europa es wohl gerne so hätten und entsprechend Mauern und Zäune an ihren Grenzen hochziehen oder andere die Migration stoppende Maßnahmen beschließen, so wie kürzlich unsere amtierende Regierung in Deutschland.
Ende 2021 waren 89,3 Millionen Menschen nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks UNHCR auf der Flucht. Die Zahl der Menschen, die weltweit vor Kriegen, Konflikten, Verfolgung und Menschenrechtsverletzungen fliehen müssen, war noch nie so hoch wie heute. Denn die über 3,4 Millionen Ukrainer und Ukrainerinnen, die seit Beginn des russischen Angriffskrieges am 24. Februar 2022 die Ukraine verlassen und vorübergehenden Schutz in anderen Ländern erhalten haben, sind in den Daten für 2021 nicht enthalten.
Ich entscheide mich, mit dem Wohnmobil zu fahren, da ich damit flexibler bin und keine zusätzliche Unterkunft benötige. Auf die Reise nehme ich auch noch Hilfsmittel mit, den Bedarf hatte ich vorher bei meinen Kolleginnen erfragt. Ich erhalte von Achim, einem Kollegen, der mit mir ehrenamtlich bei der “Tafel Troisdorf” arbeitet, eine große Menge Männerschuhe. Fabian, der mich bereits früher einmal großzügig unterstützt hatte, steuert ebenfalls gesammelte Männerschuhe bei. Außerdem organisiert er noch bei einer Frauenarztpraxis eine große Kiste mit Einmalhandschuhen und Desinfektionsmitteln. Zu guter Letzt überreicht er mir noch eine Spende von 200,00 € zu meiner Verwendung; welch’ ein Vertrauen in mich, danke!


Am Abend des zweiten Tages erreiche ich nach langer Fahrt Sarajevo, die Hauptstadt von Bosnien-Herzegowina. Ich kann mehrere Tage bei unseren Freunden Omar und Fehima in einem Vorort von Sarajevo übernachten. Die beiden sind überaus herzlich und gastfreundlich und Omar hilft mir auch noch, eine gute und günstige neue Batterie für unser Wohnmobil zu organisieren und einbauen zu lassen. Abends gehe ich noch ein wenig durch die Stadt, die sich eigentlich gegenüber von vor drei Jahren nicht viel verändert hat: Sehr viel Autoverkehr, weiterhin sind viele Häuser mit Einschusslöchern aus der Zeit des Krieges vor über 30 Jahren zu sehen, überfüllte Fußgängerzonen, aber auch Müllberge.



In Sarajevo treffe ich mich mit Sanela, mit ihr hatte ich ja in Kljuc bereits 2020 in der Flüchtlingshilfe wunderbar zusammengearbeitet. Nun hat sie in der Hauptstadt ein Projekt gegründet, dass Menschen in Bewegung und asylsuchende Menschen mit Sprachunterricht, Hilfe bei Behördengängen, Wohnungssuche etc. unterstützt. Ein tolles Projekt, legt es doch den Fokus nunmehr auf die Integration von Geflüchteten in die bosnische Gesellschaft.
Nähere Informationen über ihr Projekt: https://intergreat-center.com






Eigentlich hatte ich vor, die erste Woche im Projekt “Compass U 71” in Sarajevo zu arbeiten. Bei dem ersten Treffen stellt sich jedoch heraus, dass dort mehrere Mitarbeiter und Volontäre sind, aber zurzeit nur wenig geflüchtete Menschen betreut werden; wenn dann lediglich in der Zeit von etwa 15:00 bis 17:00 (Schließzeit des Projekts). So lasse ich mir bei dem Besuch dort nur ausführlich die dortige Arbeit erklären und besichtige einen sehr gut organisierten Lagerraum (der viel besser organisiert ist als viele andere Lagerräume von Hilfsmitteln, die ich in anderen Projekten kennengelernt hatte).


Etwas enttäuscht entschließe ich mich, früher nach Bihac in der Nähe der kroatischen Grenze zu fahren.
Unterwegs mache ich Rast in Kljuc, wo ich mich mit Elma und Mirza treffe. Es wird ein freudiges Wiedersehen mit viel Gesprächen und Erinnerung an die frühere Zusammenarbeit.

Ursprünglich hatte ich mich in Bihac mit Asim verabredet, der dort als “Einzelkämpfer” schon mehrere Jahre Menschen in Bewegung mit Lebensmitteln, Kleidung etc. unterstützt. Da ich nun früher da bin, kann ich ihn leider nicht treffen, da er in der Zeit in Kroatien ist. So treffe ich mich mit seiner Tochter, der ich die Männerschuhe sowie die medizinischen Hilfsmittel übergebe; darüber freut sie sich sehr und ich kann auch auf dem Grundstück ihres Vaters im Wohnmobil übernachten.
Im Laufe meiner Reise kreisen meine Gedanken und Gefühle immer mehr darum, dass ich Susanne nun wieder eine Zeitlang alleine lasse und das gefällt mir immer weniger. Daher entschliesse ich mich, meine Reise zu verkürzen und eher nach Hause zu fahren.
Die restliche Zeit nutze ich dann, um mit Menschen in Bewegung doch noch mehr in Begegnung zu kommen. Ich fahre von Bihac wieder eine Strecke zurück in Richtung Sarajevo, genauer gesagt zum Camp Lipa. Das Camp wurde vor einigen Jahren in den Bergen errichtet, um dort Geflüchtete zu betreuen, aber auch um sie von der Stadt Bihac fernzuhalten (meine persönliche Meinung). Es sieht aus wie ein Gefängnis, allerdings dürfen die Menschen nach erfolgter Kontrolle das Camp verlassen.

Sie wandern dann zu einer großen Straße, von wo sie aus versuchen mit einem Taxi (natürlich gegen Geld) nach Bihac zu kommen. Hier treffe ich mehrere Geflüchtete, denen ich mit der oben erwähnten Geldspende – ich hatte vorher das Geld in kleine Scheine in der Landeswährung getauscht – weiterhelfen kann. Sie erzählen mir von ihren langen Wegen, die sie aus Marokko, aus Syrien oder Afghanistan zurückgelegt haben,. Besonders berührt mich der Bericht eines sehr erschöpften Mannes, der seine Familie in Marokko zurückgelassen hatte, um zunächst alleine nach Europa zu kommen; er hatte bereits sechs Mal das sogenannte “Game” versucht, also den Übertritt über die Grenze nach Kroatien.


Meine Rückreise geht dann über Slowenien – immer wieder beeindruckend, wie grün dieses kleine Land ist – und Österreich – hier finde ich bei einer Wanderung in den Bergen einen verwahrlosten alten Mann der nicht sprechen kann und bringe ihn zurück zu seiner Familie – nach Deutschland. Unterwegs treffe ich mich noch mit meiner Tante Dorle in Bad Tölz und ich verbringe mit ihr eine nette gemeinsame Zeit.
Hier nun ein paar bildliche Eindrücke von meiner Rückreise:






Wo gehen unsere nächsten Reisen hin ?
Das können wir im Moment noch nicht so genau sagen, da sich unser Umzug zeitlich verzögert. Aber wir werden bestimmt nicht nicht reisen, denn – Reisen erweitert unseren Horizont.
Freut Euch jetzt schon auf unseren nächsten Bericht!
SuMI im TrauMobil
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