Nach langem Überlegen hatten wir uns nun doch für den Osten entschieden. Quer durch Deutschland kamen wir in die bayrische Stadt Lauf an der Pegnitz.
Hier besuchten wir Ines, eine ehemalige Mitschülerin von Susanne, die damals vor knapp vierzig Jahren mit ihr gemeinsam die Erzieherausbildung in Michaelshoven bei Köln absolviert hatte.
Schön, dass beide solange Kontakt gehalten haben. Es wurde ein freudiges Wiedersehen und Ines erwies sich zum einen als sehr gute Gastgeberin mit einem herrlichen gemeinsamen Frühstück und zum anderen als perfekte Stadtführerin, die zu jedem Haus und zu jeder Straße in der Stadt etwas zu berichten wusste. Die Stadt hat uns sehr gut gefallen. Insbesondere die wunderschön restaurierte und gemütliche Altstadt mit ihren sehenswerten Häusern und Denkmälern und der Burg. Nach dem Besuch konnten wir gut nachvollziehen, dass Ines nach ihrer Ausbildung in der Nähe von Köln wieder zurück in ihren Heimatort gezogen ist.
Lauf a. der Pegnitz liegt zwei Stunden entfernt von Tschechien, so war das unser nächstes Ziel. Erster Stopp hier war Karlovy Vary (Karlsbad).
Wir konnten uns nicht satt sehen an den vielen sehr schön renovierten Herrschaftshäusern mit Stuck und vielen Verzierungen; man wusste gar nicht, wohin man zuerst schauen sollte; seht Euch mal die Bilderstrecke an.
Das Schönste aber war die russisch – orthodoxe Kirche St. Peter und Paul oberhalb der Stadt. Für uns war sie ein einziges Gotteslob: Glänzend in der Sonne und auch innen phänomenal. Wir deckten uns hier ein mit den berühmten Karlsbader Oblaten und Susanne war stets begeistert vom kleinen Maulwurf…
Überall flanierten Kurgäste und Touristen an den vielen Kolonnaden entlang und wir wunderten uns, warum sie alle eine kleine Schnabeltasse zum Trinken benutzten. Der Grund: Um sich nicht mit dem warmen Heilwasser der Stadt den Mund zu verbrennen, sollte es daher aus diesen besagten Schnabeltassen getrunken werden. Susanne erprobte dies dann auch mit dem 68 Grad heißen Heilwasser (es soll bei Erkrankungen der Bronchien, der Atemwege, des Verdauungstrakts, bei Gicht und Fettleibigkeit helfen), das an mehreren Stellen und Hähnen sprudelte. Das Heilwasser schmeckte muffig, salzig, klebte schwefelig an der Zunge und hinterließ einen modrigen Nachgeschmack – kein Gaumenschmaus, sondern Medizin.
Nächster Halt war die kleine, nicht ganz so schöne Schwester von Karlovy Vary: Marianske Lazne (Marienbad) mit schönen alten Häusern und einer Kolonnade, bei der wir von den Deckenbemalungen besonders fasziniert waren.
Da der Frühling nach wie vor auf sich warten ließ und die Temperaturen meistens tagsüber nicht mehr als 5 Grad und nachts um den Gefrierpunkt waren, musste unsere Heizung ganz ordentlich bollern, damit es warm wurde. So geschah es, dass wir eines Morgens aufwachten und feststellten, dass die Gasflasche bzw. die Batterie (auch die Gasheizung braucht für den kleinen Ventilator regelmäßig Batteriespannung) nach einigen Tagen Dauerlauf leer war und wir bei O Grad Celsius geschlafen hatten. Das war uns dann doch etwas zu kalt und so begannen wir uns wieder einmal – siehe auch frühere Berichte – dem Thema Gasflasche zu widmen, was in Europa ja durch die Vielzahl der unterschiedlichen Systeme und Kauf-/Mietoptionen sehr kompliziert ist.
So entschlossen wir uns zunächst einmal, die kurze Strecke über die Grenze nach Deutschland nach Weiden i.d. Oberpfalz zu fahren, um dort unsere deutsche Gasflasche auffüllen zu lassen. Das was im übrigen Europa so kompliziert ist, funktioniert in Deutschland wunderbar, vorbildlich und absolut problemlos: Man kann die Flaschen in ganz Deutschland überall in Baumärkten etc. ohne Probleme neu befüllen lassen. Hier in Weiden – ein hübsches kleines Städtchen unter anderem mit einem Rathausturm mit Glockenspiel – übernachteten wir auf einem kleinen Stellplatz, den die Stadtwerke Weiden eingerichtet hatte: Direkt neben einer Therme mit Strom und allen Versorgungseinrichtungen. Und das schöne war, in dem günstigen Preis pro Nacht war sogar noch der Eintritt für eine Person in der Therme gratis inbegriffen. Das nutzten wir in zwei Tagen gerne aus und genossen die vielen warmen Angebote der Therme mit Salzgrotte, Dampfbad, Whirlpool etc., einfach herrlich!
Plzen (Pilsen) ist ja den meisten bekannt als Stadt des Bieres; okay, das ist für uns als Nicht – Alkoholtrinker eigentlich kein Thema.
So besuchten wir hier zunächst die alte Synagoge in der Stadt. Durch einen unscheinbaren Zwischengang kaum zu finden und schnell zu übersehen, gelangten wir zu der alten renovierten Synagoge, die in ihrem Inneren eine kleine Ausstellung über die seit Jahrhunderten stattfindende Ausgrenzung der Juden und das schwierige Leben in Pilsen bot. Traurig fand ich, dass sich seitdem nicht viel an dieser Ausgrenzung geändert hat, siehe auch den heute wieder erstarkten Antisemitismus. Besonders beeindruckt waren wir von mehreren Steinbeeten vor einem ehemaligen Gebetshaus, auf denen 2.600 glatte Steine lagen, die mit Namen und Todestag der jüdischen Opfer der Stadt beschriftet waren. Die sehr freundliche Angestellte der Synagoge setzte sich sodann noch mit uns zusammen und beantwortete bei einer spendierten Tasse Tee geduldig unsere vielen Fragen. Sie meinte am Schluss, dass sie sich sehr gefreut habe, dass wir als Besucher so viele Fragen stellen und Interesse an dem jüdischen Leben der Stadt zeigen würden. Heute leben nur noch 99 (!) jüdische Gemeindemitglieder in Plzen, die sowohl in der alten Synagoge als auch in der neuen Synagoge ihr Gemeindeleben zelebrieren. Die neue Synagoge konnten wir jedoch leider wegen Innenrestaurierungsarbeiten nur von außen bewundern.
Anschließend genossen wir eine Führung durch die unterirdischen Gänge unter der Stadt über einen Kilometer Länge. Geschützt mit Helmen liefen wir durch sehr enge und teilweise sehr niedrige Gänge und bewunderten die vielen Abzweigungen und Schautafeln und die Arbeit der Menschen, die damals diese Gänge von Hand (!) und ohne weitere Hilfsmittel angelegt hatten.
Der deutsch sprechende junge Führer erzählte uns sehr viel über die Stadt und die unterirdischen Gänge, die zum einen als Fluchtwege und zum anderen als Aufbewahrungsort von Lebensmitteln genutzt wurden. Es gibt immer noch insgesamt 14 Kilometer lange unterirdische Gänge, die jedoch zum größten Teil den privaten Hausbesitzern darüber gehören und daher nicht zu besichtigen sind. Neben den Eintrittskarten erhielten wir übrigens noch zwei Freikarten für jeweils ein Bier. Aus den oben genannten Gründen schenkten wir diese zwei deutschen Ehepaaren, mit denen wir uns sehr nett über unsere Reise unterhalten hatten und die wie so viele sagten, …“ja, das müsste man auch mal machen so eine lange Reise….“.
Der ausgesuchte Übernachtungsplatz in Plzen erwies sich als zu unsicher, einsam und unbeleuchtet; ständig hielten kurz Autos neben und hinter uns. Ein Blick im Internet belehrte uns, das es ein Platz für Junkies sei. So wechselten wir noch im Dunkel zu einem beleuchteten Platz in der Innenstadt von Plzen.
Nun ging es weiter nach Blatna. Unser etwas ungewöhnlicher Stellplatz für die Nacht lag direkt neben einem Friedhof und einem Krematorium: Diesmal sehr sicher und ruhig. An einem sonnigen Tag gingen wir in Richtung Innenstadt und sahen von Ferne einen Turm, auf dem Touristen zu sehen waren: Es waren dann aber doch nicht Touristen. Als wir den Turm bestiegen, stellte sich heraus, dass oben vier junge Leute die großen und mittleren Glocken von Hand am Strick läuteten. Wir durften dann sogar auch die Glocken läuten: Beeindruckend und laut! Auf wackeligen Holztreppen durften wir auch die restlichen Glocken und die zugehörige Mechanik bewundern. Wir erfuhren dann auch, dass immer zur vollen Stunde junge Menschen aus Blatna die Glocken schwingen dürfen und davon auch rege Gebrauch gemacht werde.
Weiter besichtigten wir das Schloss, welches nach der Enteignung wieder an die Münchner Besitzer zurückgegeben wurde und dass sie nun nach alten Zeichnungen wieder restaurieren. Es gab hier auch einen großen Park mit viel Wild, das auch gefüttert werden durfte, sowie mehrere Pfauen, die gerne ihr schönes Kleid zeigten.
Unsere nächste Station Prag ist eine sehenswerte Stadt in jeder Hinsicht. Mit Bus und Metro-Tageskarte haben wir zuerst das Viertel Vysehrad besucht. Es war sehr windig und kalt, die Kirche kostete Eintritt und trotz der Witterung war der alte Friedhof mit den Ehrendenkmälern berühmter Persönlichkeiten sehenswert.
Es gibt mehrere Synagogen in Prag, wobei wir die spanische Synagoge – die die schönste sein soll – nur von außen betrachten konnten, da sie zurzeit renoviert wurde. Zur vollen Stunde standen wir mit vielen Menschen vor der großen und schönen Rathaustür, aus der die zwölf Apostel durch ein geöffnetes Fenster mithilfe einer Mechanik schreiten. Mittlerweile stellten wir fest, dass bereits sämtliche Museen wegen des Coronavirus geschlossen waren und auch an der sonst belebten Karlsbrücke war nicht mehr viel los; auch an unserem Stellplatz waren die Auswirkungen zu sehen: Es standen nur noch drei Wohnmobile mit uns zusammen hier.
Es gab dennoch so vieles zu bewundern, dass wir hier eine automatische Diashow installiert haben:
Dann hatten wir uns als Ziel Kutna Hora ausersehen. Hier wollten wir die sogenannte Knochenkirche anschauen, leider war dieser Ort und auch die Kirche ebenfalls wegen der Coronakrise geschlossen und alles war wie ausgestorben. Lediglich das Legomuseum samt Café war geöffnet und die Bedienung freute sich, dass wir als einzige Gäste uns dort kurz aufwärmten bei warmen Getränken.
Aufgrund der vermehrten Hiobsbotschaften in Bezug auf Corona änderten wir unseren ursprünglichen Plan und konnten nicht in die Slowakei fahren – hier waren die Grenzen bereits geschlossen. Wir fuhren daher weiter in die kleine Stadt Tabor. Hier besichtigten wir den kleinen Jordanwasserfall und eine nette Innenstadt mit außergewöhnlichen Hausfassaden; schön restauriert und gepflegt, aber auch hier war bereits vieles geschlossen.
Das Schloss Hluboka nad Vltavou sah aus wie ein Märchenschloss, war aber ebenfalls innen wegen Corona nicht mehr zu besichtigen. So gingen wir mit den wenigen Touristen außen herum und bewunderten die vielen Stuckverzierungen und Steintiere, die an den Fassaden zu sehen sind; gerne hätten wir es auch von innen gesehen.
Nur wenige Orte entfernt ist der Ort Ceske Budejovice (Budweis), wo wir eigentlich im „Bauhaus“ unsere tschechische Gasflasche zurückgeben wollten. Zwar standen hier zwei nette Mitarbeiter vor der Tür, diese machten uns jedoch unmissverständlich klar, dass der Baumarkt geschlossen habe wegen Corona; daher mussten wir die tschechische Gasflache dem Bauhausmitarbeiter überlassen, ohne das Pfandgeld erstattet zu bekommen, da wir sonst keine Gelegenheit gehabt hätten, die Flasche irgendwo noch loszuwerden.
Nachdem wir im Internet gelesen hatten, dass Tschechien in den kommenden Tagen restriktive Grenzschließungen vornehmen werde, beschlossen wir, zunächst nach Deutschland zurück zu fahren.
Leider haben wir in Tschechien nun nicht alles gesehen, was wir uns vorgenommen hatten, aber vielleicht gibt es irgendwann noch eine Chance, das nachzuholen.
Bleibt alle gesund, und lasst Euch nicht anstecken und bewahrt vor allen Dingen Geduld und Ruhe.
Diesen Spruch fanden wir dazu heute im Internet:
„Unsere Großeltern wurden aufgefordert in den Krieg zu ziehen, wir wurden aufgefordert zu Hause zu bleiben“
In diesem Sinne grüßen Euch (derzeit noch) vom Chiemsee an den bayrischen Alpen SuMi im TrauMobil
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